Reisebericht Tschechien West 2009
Zollformalitäten: | Seit der Zugehörigkeit zur EU keine Grenzkontrollen. |
Schlafen | Wir sind hier auf - für unsere Verhältnisse - vielen Campingplätzen gewesen mit meist sehr günstigen Preisen und akzeptabler Ausstattung. Und dies, obwohl in Tschechien das Freistehen - außer in Naturschutzgebieten jedweder Art - ausdrücklich gestattet ist. (Damit ist aber nicht das Campingleben beim Feistehen gemeint!) |
Ver- und Entsorgung | Da wir sehr viel auf Campingplätzen waren, kann ich leider keine bindenen Auskünfte geben, da wir immer auf diesen ver- und entsorgt haben. |
Polizei | Wir hatten keinen Kontakt, haben selten ein Polizeifahrzeug gesehen. Bei Kontrollaktionen wurden wir nie angehalten. Daher kann ich keine näheren Angaben machen. |
Straßen | Die Straßen sind recht gut zu befahren (wenn man von einspurigen Nebenstraßen absieht) und entsprechen europäischem Standart. Das Tankstellennetz ist gut ausgebaut. |
Grundsätzliches:
Tschechien ist eine
Reise wert. Wir kennen alle den Spruch "Warum denn, in die Ferne schweifen,
sieh das Gute liegt so nah!" Kaum liegt so viel Wahrheit drinnen, wie bei der
Überlegung in Tschechien eine Rundreise zu machen. Es gibt unendlich viel zu
sehen: wundervolle Natur gepaart mit zum Teil sehr schön und gefühlvoll
restauriertem Kulturgut. Entspannende Ruhe auf Wasser oder im Wald im Gegensatz
zur Hektik in Prag. Wer dieses Land nicht besucht ist selber schuld.....
August 2009
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September 2009
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Dienstag 25.08.2009 11h10
- 16h00, km 75.944
- 76.120
Also Tschechien. Nach dem Motto: wozu in die Ferne schweifen –
sieh, das Gute liegt so nah! Könnte vom alten Geheimrat stammen, bin mir
aber nicht sicher. Sehr sicher wissen wir jetzt allerdings, wie nah
dieses Tschechien tatsächlich ist – wir haben es sozusagen „erfahren".
Ist eigentlich offensichtlich, man braucht ja nur auf die Landkarte zu
schauen, aber anscheinend ist dieses Land von Österreich zu wenig weit
entfernt, um interessant zu sein. Der am häufigsten vertretene
Kommentar, den ich bei meinen Nachfragen geerntet habe war: „enorm
günstig“, ansonsten waren die Auskünfte eher mager.
Unsere Anreise führt uns von Wien über Hollabrunn nach Kleinhaugsdorf,
durch Znojmo (müssen wir noch anschauen, eine phantastische Stadtansicht
!), dann arbeiten wir uns durch die Botanik und landen nach einem
Fehlversuch, einen Ü-Platz am Wasser zu ergattern, auf dem
CP Bitov am Vranov-Stausee.
Für eine Nacht (2 Personen, 1 Womo, ohne Strom) haben wir nicht ganz €
10.- bezahlt. Der Patz liegt sehr schön, hat saubere Dusch- und
Toiletteanlagen, ist sehr kinderfreundlich.
Es ist die Thaya, die hier gestaut ist und obwohl wir den Fluss im
Canyon des Nationalparks in Österreich – auch im August – als eiskaltes
Gewässer kennen gelernt haben, entpuppt sich die Bucht, an der der CP
liegt, als wahres Badeparadies. Also nichts wie hinein ins kühle Nass!
Dann wird gegrillt, ein kühles Nass für innen organisiert (natürlich
Pilsener) und abendliche Womogemütlichkeit verbreitet.
An vielen Stellen
steigen Rauchsäulen in den Himmel, Kinder und Eltern braten sich ihre
Würste am Lagerfeuer. Es ist einfach eine Freude mitanzusehen, wie
gemütlich es sich die Leute machen, mit so wenig Aufwand. Die Kinder -
es sind eigentlich recht viele - sind überraschend leise. Kein Geschrei
oder Lärm. Alles ist eitel Freude und Wonne.
So heiß es tagsüber auch war, kaum ist die Sonne weg, wird es
empfindlich kühl – herrlich erholsam zum Schlafen.
Es ist geradezu lachhaft: für sage und schreibe 176 Kilometern haben wir
knappe 5 Stunden vertrödelt. Sehr beschaulich; unsere Türkeireise hätten
wir nicht so angehen dürfen – wir wären jetzt noch nicht zurück!
Mittwoch 26.08.2009,
Stehtag
Weil es heute wieder so warm und windstill ist, ist heute
Wasserwandern auf der gestauten
Thaya angesagt.
dazwischen lassen wir uns treiben, betrachten die Vegetation am Ufer – es gibt hier sogar Schwimmknöterich
beobachen Graureiher die majestätisch knapp über dem
Wasser ziehen, sehen den Fischen zu die aus dem Wasser springen um
Mücken oder Wasserflöhe zu fangen und lassen uns sonnen. Eine herrlich
gemächliche Angelegenheit; es gibt praktisch keine Strömung, das dunkle
Wasser ist stellenweise glatt wie gebügelt, sodass wunderschöne
Spiegelungen entstehen, die natürlich fotografiert werden wollen. Über
einem Mäander der Zeletavka thront in imponierender Höhe die Hrad Bitov
Nach dieser sportlichen Großtat verbringen wir den restlichen Nachmittag
mit Lesen, Dösen, Sudoku-Lösen und ähnlich wichtigen Tätigkeiten. Die
Paddelborde erhalten einen neuen Platz im Womo (die Dinger sind ja sooo
lang), wir gehen noch eine Kleinigkeit essen – jetzt ist Abendruhe
fällig.
Donnerstag 27.08.2009 09h30,
km 76.120 - 76.223
Wirklich außerordentlich sehenswert, wenn auch für meine Begriffe ein
bisschen museumsartig. Besonders gut gefällt uns auch das Schloss, eine
ehemalige mittelalterliche Burg, die zu einem Renaissanceschloss „umgebarbeitet“
wurde. Es gibt einen sehr schönen Hof mit Renaissance-Loggien und einen
von Arkaden umgebenen Schlossgarten. Die als wertvollster Teil des
Interieurs des Schlosses bezeichnete Kassettendecke bekommen wir leider
nicht zu Gesicht, wohl aber steigt Ewald auf den Kirchturm – des
Panoramas wegen . . . .
Langsam
wenden wir uns wieder dem Minimax zu, denn mittlerweile ist es
mordsmäßig heiß. Wir gondeln durch spätsommerliche Hügellandschaften
Richtung Slavonice und bleiben in einem Fünfhäusernest namens
Blato (Bundesstraße 151) am Rand des Prirodni park Ceska
Kanada hängen. Direkt neben einem Moorsee steht eine Kirche, an
der ein Wirtshaus angewachsen ist; wir dürfen auf dem Platz neben der
Kirche nächtigen, ein ausgiebiges Bad im recht frischen See weckt unsere
Lebensgeister wieder und damit auch den Hunger.
Also auf zu neuen Taten,
zum ersten Budweiser gesellt sich Klavierspiel aus der Kirche – es wird
geübt für ein Konzert. Genau genommen ist die Kirche nämlich gar keine
Kirche; sie wurde sozusagen ihrer Funktion als Gotteshaus beraubt und
vollkommen ausgeräumt. Der Käufer des Gasthofes hat sie mit erworben,
ist selbst Musiker und will das Gebäude jetzt wieder beleben. Wir
wünschen ihm viel Glück dazu – einfach ist das sicher nicht.
Während wir
von der der Terrasse aus die Spiegelung auf dem See bewundern,
entdecken wir eine neue
Fischgattung: den südböhmischen Moorhai! Wie er aussieht, wissen wir
noch nicht, aber vielleicht können uns die Petri-Jünger des Forums mit
ihrem umfassenden Wissen auf die Sprünge helfen. Unser Geschöpf zeichnet
sich dadurch aus, dass es eine keilförmige Kiellinie durch das Wasser
zieht, ohne dass irgendein Verursacher sichtbar würde. Sehr merkwürdig!
Man sieht, wenn man nichts zu tun hat, fällt einem allerhand Unsinn ein
. . . .
Freitag 28.08.2009 09h30
- 14h00, km 76.223 - 76.306
Wir entdecken
eine Keramikstube, in der wirklich witzige Exponate zu finden sind und
wir feiern auch ein Wiedersehen mit dem tschechischen Bildhauer Jiri
Netik, dessen Skulpturen wir schon im Schüttkasten in
Primmersdorf/Waldviertel begegnet sind und die uns schon dort
sehr beeindruckt haben.
Es ist schon
wieder so heiß - richtige Hundstage - also her mit einem CP an einem
See. Es gibt ja hier wahrhaftig genug davon, wenn auch nicht alle
unbedingt badetauglich sind. Wieder rollen wir zwischen Hügeln und
dunklen Nadelwäldern, abgeernteten Feldern und Moortümpeln hindurch und
werden fündig bei Chlum u Trebone, beim CP Sever.
Ein Bad, ein Bad, ein Königreich für ein Bad! Und dann eins für ein
Bier! Wir genießen den Campingnachmittag, faulenzen und lassen es uns
gut gehen.
Samstag 29.08.2009 09h30,
km 76.306 - 76.396
Die ehemaligen Fleischbänke in denen
angeblich das beste Budweiser ausgesenkt wird
Ganz in der Nähe von Budweis
liegt das Dorf Holasovice, das einen ganz bezaubernden
Dorfanger besitzt, umstanden von kleinen Landgütern mit Straßenfronten
im so genannten südböhmischen Dorfbarock. Wirklich sehenswert.
Wir kommen
am Aussichtsberg Klet vorbei, lassen ihn dann aber doch
aus, weil der Gipfel in den Wolken steckt. Die Moldau entlang rollen
wir in Richtung C. Krumlov weiter und
entdecken einen kleinen, sehr Womogeeigneten Parkplatz an der winzigen
Bahnstation Trislov – Ausgangspunkt für eine Wanderung zu
einer Ruine – Divci kamen.
Die erreichen wir zwar nicht
ganz, weil der Weg stellenweise für den feuchten Boden mit den
rutschigen Wurzeln sehr steil ist, bleiben aber hier gleich zum
Schlafen, betrachten den Sonnenuntergang, sehen den Mond heraufsteigen
und wiegen uns in der Hoffnung, dass es morgen wieder schön sein wird.
Jetzt wird Schlaf nachgeholt.
Parkplatz Trislov
Sonntag 30.08.2009 10h00,
km 76.223 - 76.450
Blick aus der Burg von Cesky Krumlov
Die Stadtväter waren so klug, die von der
Moldau umschlungene Altstadt rigoros vom Verkehr freizuhalten, sodass es
ein reines Vergnügen ist, von der Burg herunter zu spazieren und durch
die alten Gassen zu schlendern.
Wir bewundern die liebevoll renovierten
Fassaden, entdecken an jeder Ecke neue Motive und Durchblicke auf die
allgegenwärtige Moldau, auf der buntes Treiben herrscht; wir amüsieren
uns eine ganze Weile damit, den Raftingbooten und Kanus bei ihren
Versuchen zuzuschauen, eine Barriere und die anschließende Leewalze zu
meistern, ohne zu kentern oder voll zu laufen. Sehr vergnüglich, das
Geschehen von der Brücke aus zu betrachten, ohne nass zu werden.
Nach
dreieinhalb Stunden sind wir leicht fußmüde und wandern zurück zum
Parkplatz.
Wenn man den Hang hinauf geht, hat man schon
den ersten hübschen Blick auf den See. Seine wahren Ausmaße werden wir
allerdings erst morgen sehen, wenn wir bis zu seiner breitesten Stelle
fahren. Dort wollen wir noch einmal Sommer spielen und einen Camping und
Paddeltag einlegen – vorausgesetzt, das Wasser ist nicht zu kalt.
Montag 31.08.2009 10h30,
km 76.450 - 76.471
Dienstag 01.09.2009, Stehtag
Wir umrunden eine kleine Insel, nicht ohne anzulanden und ein wenig zu
baden; dann lassen wir uns weitgehend von der leichten Brise zum
Campingplatz zurücktreiben.
Ewald macht
noch eine kleine Runde mit dem Bekannten, der gerne das Paddelbord
ausprobieren will, dann verschwindet er in der Küche und macht
Fleischknödel mit Tzatziki (weil die alte Gurke muss aufgebraucht
werden).
Mittwoch 02.09.2009 09h10,
km 76.471 - 76.600
Aber auch in dieser scheinbar noch völlig
unberührten Natur entdeckt man Anfänge touristischer Einrichtungen. Es
gibt ein weit verzweigtes und ausgezeichnet ausgeschildertes Netz von
Rad- und Wanderwegen, im Winter wird Skisport betrieben und daher
entstehen schon die ersten Apartmentsiedlungen und Liftanlagen. Im
großen und ganzen wird aber der Nationalpark rigoros geschützt und das
wird von den Besuchern auch anstandslos akzeptiert. Wir kommen an einem
herrlich gelegenen Wanderparkplatz vorbei: zwischen Borova Lada und
Horni Vitavice.
der PP zum Übernachten ausgezeichnet geeignet, abends völlig
leer, die Ecke beim Hendlbrater
leidlich eben. Leider hat er zu, also wandern wir ins Dorf und lassen
uns dort bekochen, gut, aber nicht ganz so preiswert, wie wir das von
Tschechien gewöhnt sind. Dafür haben wir auf dem Heimweg zum Womo vier
Erdäpfel gefunden, die ein Traktor auf der Fahrt zum „Lagerhaus“
verloren hat. Damit ist schon wieder fast eine Mahlzeit gesichert.
Donnerstag 03.09.2009 09h30,
km 76.600 - 76.885
manche Bäume zeigen schon buntes Herbstlaub und die
zumeist abgeernteten Felder leuchten intensiv ockergelb. In den
Vorgärten geht es ganz besonders farbenprächtig zu, hohe Dahlien
schauen mit ihren Köpfen über die Zäune, überall blühen noch Rosen, Tagetes, Gladiolen, Sonnenhut, unzählige Sorten Astern – ein Feuerwerk
an Farben vor dem ruhigen Hintergrund der böhmischen Weiten.
Eine kleine
Wetterfront macht unserem Campingleben ein Ende, aber bereits in
Telc
ist es wieder brütend heiß. Wir schlendern über den
Marktplatz, der ein Bild architektonischer Geschlossenheit bietet.
Mein Gelübde
bezüglich morgendlichen Schwimmens muss ich leider brechen. Wir haben
fast elf Stunden geschlafen und ich brauche einige Zeit, um in die Gänge
zu kommen. Immerhin sind wir um 10h00 in Slavonice,
wo es uns ja noch viel besser gefällt als in Telc.
Unesco-Weltkulturerbe hin oder her, belebte Baukultur ist einfach
schöner. Wundervolle Hausfassaden umgeben den Marktplatz.
Wie vorausblickend – denn heute morgen weint der Himmel – wir fast auch,
denn die Nachtruhe ist sehr mäßig ausgefallen - bei Regen mit einem Womo
unter einem Baum zu stehen, beschert ein außergewöhnliches
Geräuscherlebnis. Und das hatten wir. Außerdem fallen auch manchmal
reife Eicheln auf das WOMO-Dach......
Ein ordentliches Frühstück bringt
die Dinge aber wieder ins Lot, dann packen wir zusammen und begeben uns
durch weitläufiges Moorgebiet in Richtung Budweis.
Beim südböhmischen Museum gibt’s Parkraum genug (gebührenpflichtig; ernst
nehmen, bei unserer Rückkehr haben zwei PKW wegen überzogener Zeit
Krallen am Hinterrad!), dann wandern wir in die „Innenstadt“.
Der
Stadtplatz ist allein schon in seinen Ausmaßen beeindruckend und wirkt –
weil fast menschenleer – noch riesiger, als er ist. Und all die hübschen
Fassaden, die sich um ihn reihen, kommen so richtig zur Geltung, auch
ohne Sonne. Der schwarze Turm muss selbstredend auch erklommen werden
(mühsam!!), es gibt oben interessante Ausblicke, dann das Ganze wieder
runter (noch mühsamer!!).
Das Rathaus von Budweis
Wir schlendern noch ein bisschen durch die Gassen, finden die Fleischbänke
gestopft voll und verzichten auf das Budweiser in Budweis –
insbesondere, da unsere Parkzeit bald aufgebraucht ist und der Himmel
auch grämlich dreinschaut.
Heute früh
hat es erfrischende 11° !!!!! Und zwar außen wie innen, weil’s gestern
im Womo so stickig war, dass wir alle Dachluken offen gelassen haben.
Die Anfahrt
zum heutigen Ziel ist kurz, wir haben ja sozusagen fast vor den Toren
übernachtet und stehen unversehens vor der mächtigen Stadtmauer von
Cesky Krumlov.
Es wird ein Bilderbuchtag bei Bilderbuchwetter
in einem Bilderbuchstädtchen.
Da wir noch in Grenznähe sind, wissen wir vom österreichischen Rundfunk, dass wir
morgen wieder heißes Wetter erwarten dürfen. Lipno-Stausee, wir kommen!
Jetzt stehen wir an seinem Beginn, in Lipno. Hier gibt es einen wahrhaft riesigen
Parkplatz, der derzeit nur teilweise freigegeben ist. Es gibt hier eine
sanfte Skiabfahrt samt Sessellift, eine recht beachtliche
Sommerrodelbahn, ein Sportzentrum, einen COOP, der von Mo-So von 0800
bis 20h30 geöffnet hat, ein paar Beiseln, also geradezu ideale
Verhältnisse für WOMOisten.
Langschläfer! Die Sonne holt uns dann doch aus dem Bett. Beim Einkaufen
bemerken wir, dass wir in einer Art „Fremdenverkehrsgebiet“ sind.
Schlechtes Angebot und (verhältnismäßig) hohe Preise; bei den Campingplätzen verhält es
sich ähnlich: das Preis-Leistungsverhältnis stimmt einfach nicht – dank
Lipno-Stausee, nehme ich an. Der ist allerdings sehr fein
für alle, die sich gerne am und im Wasser aufhalten. Viel wärmer, als
ich geglaubt habe. In Hurka, gleich gegenüber dem Bahnhof
schlagen wir unser Quartier auf dem Campingplatz auf. Dann paddeln wir ein bisschen herum, ein herrliches
Vergnügen. Viele Segler tummeln sich am See und überall am Ufer hängen
die unvermeidlichen Angeln ins Wasser. Sehr erholsam, das Ganze, morgen
werden wir das noch einmal wiederholen, dann ist laut Wetterbericht die
ganz große Hitze wohl vorbei.
Ganz so
lange wie gestern geht es mit dem Schlafen heute nicht. Ewald rumort
schon um 08.00 Uhr in der Küche herum. Dafür gibt es heute zum Frühstück
Rührei mit fein geschnittenem Pfefferoni drinnen. Richtig lecker.
Dann
plötzlich ist Ewald weg. Gestern ist ein deutsches Ehepaar angekommen.
Auch mit einem Hymer 524 – also wo soll ich ihn wohl suchen? Richtig
Ewald ist dort und plaudert angeregt mit dem Ehepaar. Ich beende noch in
aller Ruhe mein SUDOKU-Rätsel. Dann schaue ich auch vorbei.
Es ist eine
sehr angeregte Unterhaltung, jeder erzählt von seinen Reisen und
Erfahrungen. Wir sind schon imstande einige Tipps für die Fahrt durch
Tschechien zu geben, da die neuen Bekannten genau in die Richtung fahren
wollen, von wo wir kommen.
Nachdem es –
man glaubt es kaum – schon 02.00 Uhr nachmittags ist, setzen wir uns
wieder auf unsere Paddelborde und machen einen kleinen Stausee-Ausflug.
Jetzt lassen
wir den Tag gemütlich ausklingen, morgen geht’s wieder weiter, nach
Nordwesten Richtung Marienbad.
Böhmen ruft
– wir machen uns reisefertig. Grauwasser raus, Frischwasser rein – WC
entleeren, schnell noch duschen und sich bei der Erforschung des
Münzautomaten einem weiteren IQ-Test unterziehen, dann geht´s Moldau
aufwärts durch den Sumava Nationalpark (Sumava=südlicher
Böhmerwald). Endlose Wälder, so weit das Auge reicht, meist Nadelwälder,
unterbrochen von Birken- und Lärchenhainen, Almböden, hoher, weiter
Himmel. Der ist heute meist bedeckt und die Landschaft schaut recht
ernst drein – der Inbegriff dessen, was man sich unter „böhmischen
Wäldern“ vorstellt.
Unterwegs
kaufen wir Lebensmittel ein, die Preise sinken im gleichen Maße, in dem
wir uns vom Lipno-Stausee entfernen.
Dann
verlassen wir den Zauberwald wieder und kurven zu unserem Schlafplatz
hinauf: der PP der Hrad Velhartice. Die Burg ist durchaus
sehenswert,
Nach einer regnerischen und stürmischen Nacht macht der Morgen schon wieder ein
freundliches Gesicht und wir machen uns auf ins „Bäderdreieck“. Am
Ostrand des nördlichen Böhmerwaldes fahren wir auf klitzekleinen
Bauernstraßen durch das Land. Die Wolkenschatten jagen über die Felder
und die bis zum Horizont reichenden bewaldeten Hügel und Hänge des
Böhmerwaldes. Dann wieder verschluckt uns der Wald geradezu, die Fichten
treten dicht an den Straßenrand und bilden über uns ein tief
dunkelgrünes Dach. Auf endlose Weideflächen folgen Torfmoore, in denen
tiefblaue Tümpel blinken. Überhaupt schwingt der Herbst schon eifrig
seinen Pinsel und setzt kräftige Farben in die Landschaft. Ganze Alleen
von Vogelbeerbäumen begleiten uns, in denen die Früchte schon
scharlachrot glühen;
Irgendwann
an diesem Tag erwischt uns ein saftiger Wolkenbruch, kurzfristig
verschwindet jedwede Landschaft, lang dauert´s aber nicht und wir haben
wieder freie Sicht.
Auf mancherlei Irrwegen, die uns unser Navi beschert, und etlichen
Fehlversuchen, einen brauchbaren Übernachtungsplatz zu finden, landen
wir schlussendlich in Karlsbad, wo wir 500m vom
„legendären“ Grandhotel Pupp auf einem – nachts
gebührenfreien - Parkplatz nächtigen werden. Nach dem Abkochen machen
wir einen Hupfer ins Heilbäderviertel, um uns zu orientieren, dann
kehren wir heim zu unserem inzwischen fertigen Essen.
Freitag 04.09.2009 12h00,
km 76.885 - 77.093
Tempera mutantur – man stelle sich vor: 200 Jahren früher hätten wir in
Karlsbad vielleicht Umgang mit so prominenten Menschen wie
Geheimrat Goethe, L.v. Beethoven oder Karl Philipp Schwarzenberg
gepflogen! Man wäre nach den Kuranwendungen in sorgfältig komponierter
Toilette einhergeschritten; hätte einander gemessen zugenickt und hinter
dem gespreizten Fächer die neuesten Pikanterien ausgetauscht. Oder
politisiert! Heute? Scharen von Touristen aus aller Herren Länder
(einschließlich uns) in Jeans, Kapuzenpulli, offenem Hemd und
Freizeitlatschen und – der unvermeidlichen Kamera schwärmen durch den
Ort von Nobelfassade zu Nobelfassade!
Das kaiserliche Badehaus ist seit 1895 bis heute in Betrieb.
Ja, die Zeiten ändern sich und der Kontrast zwischen den außerordentlich repräsentativen Bauten und den nach der heutigen Mode sehr leger gekleideten Menschen entbehrt manchmal nicht einer gewissen Komik. Es lässt sich nicht leugnen: Kleider machen Leute. Das hat schon der alte Gottfried gewusst.
Marktkollonade, aus Holz im Jahr 1883 erbaut, wird heute noch benutzt. |
Die Tepla führt durch das enge Tal. |
Eng ist dieses Tal der Tepla, in dem das Heilbäderviertel
angesiedelt ist, recht dunkel und feucht, es kommt wenig Sonne hier
herein. Irgendwie wirkt manches ein bisschen vergessen, in die Jahre
gekommen, modrig.
Wirklich beeindruckend ist – rein geologisch gesehen – der „Sprudel“, die
heißeste Quelle (72°) in Karlsbad, die bis zu 12m in die Höhe schießt;
in den sogenannten Sprudelkollonaden sind noch andere - etwas
weniger heiße Quellen gefasst, mit Temperaturangabe. Trotzdem verbrenn
ich mir die Finger!
#
Genug Bädernostalgie; wir wollen ins Elbsandsteingebirge, genauer: in die
sächsisch-böhmische Schweiz, um dort zum Prebischtor,
einer recht spektakulären Felsformation zu wandern. Da Ewald partout
keine 14-Tage-Vignette kaufen will, stellen er und das Navi eine recht
eigenartige Route zusammen. Also steige ich aus der Navigation aus, denn
noch mehr als sonst gilt hier: drei sind einer zuviel. In Decin
erreichen wir dann die Elbe, die hier kaum den Strom erahnen lässt, als
der er später durch den Norden Deutschlands fließen wird. Schnell sind
die 11km bis Hrensko gefahren, dort packt uns allerdings
zunächst leises Gruseln. Die Straße ist dichtest gesäumt von
Verkaufsbuden, bestückt mit unbeschreiblichem Kitsch (wer kauft das bloß
alles ?). Als wir am Straßenrand kurz stehen bleiben, um die Karte zu
befragen, taucht ein junger Mann auf, der uns wortlos, aber mit
unmissverständlicher Geste auffordert, entweder zu zahlen oder zu
verschwinden. Nichts lieber als das, solche Auswüchse von Tourismus
schätzen wir ganz und gar nicht! Wir schwenken in das Seitental ein, ca.
5km führt die Straße „durch den dunklen Tann“, dann folgen dicht
aufeinander Parkplatz, Hotel + Restaurant und ein CP. Freistehen ist im
Nationalpark ohnehin verboten, der PP sicherlich gebührenpflichtig,
unser Stromhaushalt schwächelt auch ganz leicht, also gewinnt der CP (Mezni
Louka, € 14,-- für 1 Womo + 2 Pers. + Strom). Obwohl wir mit der
deutschen Grenze förmlich schmusen, ist es gar nicht so leicht, einen
Sender zu erwischen, um Wetterbericht zu hören. Was er uns dann
allerdings zu sagen hat, hätten wir lieber nicht gehört; vielleicht irrt
er sich aber auch und es kommt alles ganz anders (und es hat bis morgen
früh aufgehört, derart zu wascheln, wie es das derzeit tut).
Samstag 05.09.2009 11h00,
km 77.093 - 77.238
Tut es nicht, es waschelt nach wie vor also
frühstücken wir in Ruhe.
Ewald hat sich schon wieder ein Camperehepaar aus München angelacht und
scherzt mit ihnen herum. Dann packen wir
uns zusammen und kehren dem Elbsandsteingebirge samt der
sächsisch-böhmischen Schweiz schweren Herzens den Rücken, nicht ohne
beim Hinausfahren die besondere, für die Gegend typische Bauweise der
Block- und Fachwerkhäuser bewundert zu haben.
Ewald hat aus der Karte zwei Burgen herausgepickt, dorthin arbeiten wir uns kleinweise vor und kommen durch hübsche kleine Naturschutzgebiete mit etwas weniger hübschen Straßen, dafür aber herrlichen alten Baumbeständen. Das erste Ziel, Novy Berstejn, erweist sich als Flop, das zweite - Hrad Bezdez – steht recht imponierend und unnahbar auf einem Bergkegel mitten in der Ebene und will erobert werden.
der Burghof mit der Zisterne
Das ist ein recht steiler, unwegsamer Aufstieg; ein weiter Rundblick lohnt aber die Mühe; außerdem befindet sich dort oben eine frühgotische Kapelle, die zu den kulturhistorisch wertvollsten des Landes gezählt wird.
Der Weg hinunter
gestaltet sich auch etwas beschwerlich, man ist halt nicht mehr die
Jüngste. Aber man kommt schnell zu der Erkenntnis, dass das Leben
seinerzeit zweifellos nicht besonders komfortabel gewesen sein kann. Vom
Rückweg haben wir mitgebracht: eine Handvoll Zwetschken mit herrlichem
Aroma – völlig wurmfrei und zwei unglaublich saftige Butterbirnen, die
jetzt bereits unserem Verdauungssystem anheim gefallen sind.
Heute
schlafen wir auf dem Dorfanger von Katusice neben dem
Postamt und dem bereits geleerten Dorfschwimmbecken.
Sonntag 06.09.2009 10h00,
km 77.238 - 77.433
Heute setzen
wir unseren Anmarsch auf Prag fort und entdecken in der ansonsten recht
ereignislosen Ebene eine weitere Burg – Hrad Kokorin, die
Goethe in seine Reiseerzählungen mit einem Schiff verglichen hat.
Gewitzt durch unsere gestrige Erfahrung in Sachen Parkplatz fahren wir
diesmal an selbigem vorbei, an der Burg auch und entdecken dann einen
Hohlweg mit Markierung, der sehr viel angenehmer zu gehen ist als die
asphaltierte Strasse und noch dazu zwischen spektakulären
Sandsteinwänden hindurchfürt – so bekommen wir sogar noch „Klein-Elbsandsteingebirge“
nachgereicht.
Wegen der vielen sehr hohen Stufen teilen wir uns diesmal die „Arbeit“: Ewald besichtigt und fotografiert, ich sitze in der Sonne und besichtige die Fotos im WOMO. Allerdings gab es bei der Führung nicht die im Reiseführer angeführte Waffensammlung zu sehen.
Die Räumlichkeiten wurden nach den Vorstellungen der Restaurateure nachgebildet. Das wird auch in den Broschüren angegeben.
Nächste Station ist Melnik; das hätten wir uns schenken können, wir kommen wieder, wenn die Strassen wieder instand gesetzt sind, derzeit stelzt man auf Schottenhaufen herum und muss aufpassen, dass man nicht in eine Baugrube fällt.
Der weithin sichtbare Turm des Schlosses von Melink |
Der Hauptplatz mit dem Rathaus |
Trotzdem spannend ist allerdings der Blick
von oben auf die Mündung der Moldau in die Elbe.
Da der Wind gegen die Fließrichtung der beiden weht, entsteht ein völlig
falscher Eindruck davon, in welche Richtung denn hier geflossen wird. So
wie es scheint, kann es nämlich eigentlich gar nicht sein. Wir können
uns nicht und nicht einigen, und um Streit zu vermeiden, marschieren wir
zum Womo zurück, um die Karten zu befragen. Sie haben uns genarrt, die
Labe und die Vltava. Die Elbe (Labe) kommt zwar aus dem Norden, fließt
aber just bei Melnik wieder dorthin, sodass die gesamte Orientierung
flöten geht, wenn man´s nicht weiß.
Ein toller
Einfall ist, Bunzlauer Keramik in Bunzlau zu vermuten. Dies ist wohl der
ödeste Ort, den ich bisher in Tschechien gesehen habe. Ein absolut
trostloser Stadtplatz und natürlich keine Keramik. Weiß der Kuckuck, was
ich da in meinen Ganglien gespeichert habe.
Dann ist es
soweit: wir stehen vor den Toren von Prag. Unser Plan,
noch eine Nacht ohne CP zu bestreiten, wird von unserem Heim-WC zunichte
gemacht. Es ist einfach schon zu voll und schickt unerfreuliche Düfte in
die Lüfte. Wir sind diesmal aber toll ausgerüstet, haben CP-Führer für
Prag samt dazupassendem Plan mit, füttern den Garmin und der führt uns
zielsicher kreuz und quer durch einen Vorort, mehrere Male über und
unter der Autobahn (wie beim Stopfen:
drüber-drunter-drüber-drunter-durch!) und bemerkt dann lapidar: Ankunft
am Ziel auf der rechten Seite. Dort befindet sich eine Großbaustelle mit
mehreren Schotterbergen, Baggern und Kränen, vor denen ein großes Schild
prangt: Golf Areal . . . . . Ewald fährt unbeirrt weiter, weil´s ohnehin
nichts hilft, stehen zu bleiben und siehe da: plötzlich taucht er doch
auf, der CP Sokol-Praha.
Sehr freundlich, sehr sauber, nicht gerade billig (2x € 6.- + € 8.- + € 4.-
Strom für 24 Stunden +
€ 4.- Internet [12 Stunden] ), aber mit Verkehrsanbindung in die Innenstadt
und das ist eigentlich das Wichtigste.
UND MORGEN
WILL ICH MIR IN RUHE PRAG ANSCHAUEN ! (Die Museen und der Hradschin
haben zu…)
Montag 07.09.2009, Stehtag
und morgen
will ich mir in Ruhe Prag anschauen……. Denkste! Um 06.00 Uhr morgens
begann es in Sylvias Bauch zu rumoren, allgemeine Übelkeit aber ohne
Erbrechen legt meine Göttergattin lahm.
Sonst wäre
es ein wunderschöner Tag, mit viel Sonnenschein und nicht zu heiß. Grad
so, wie es sich für eine Stadtbesichtigung gehört. So liegt Sylvia im
Bett, probiert manchmal ein trockenes Keks zu essen und gönnt ansonsten
dem Körper alle Kraft zur Regeneration. Mittlerweile hat sich auch
Erbrechen dazugesellt und vervollständigt das miese Gefühl von
Wehrlosigkeit gegenüber den körperlichen Reaktionen.
Dienstag 08.09.2009, km 77.433
......und heute geht's dem Ewald so. Er hat Durchfall seit 05.00 Uhr
Früh und kann sich nicht erfangen. Also beschließen wir die
Tschechienreise abzubrechen und nach Hause zu fahren.
Nachdem Ewald seinen Darm so weit
entleert hat, dass nichts mehr nachkommen kann, wird die Kassette
entleert, Grau- und Frischwasser abgelassen und frisches Wasser getankt.
Derweilen begleiche och die Rechnung (ja, das muss auch sein). Dann
setzt sich Ewald an das Steuer und der Minimax in Gang gesetzt, Richtung
Wien.
PRAG MUSS WARTEN ! ! !
Eines ist aber klar: Wir kommen
wieder und machen Prag und den Osten von Tschechien unsicher!